Anlegung der Sammlung – Vorbereitungen zur Museumsgründung

 

 

1904 riefen Vertreter der Stadtverwaltung die Lichtensteiner Bürger auf, „Gegenstände, die für die hiesige Stadt von historischer Bedeutung sind“ ins Rathaus zu bringen. Ein großes Heimatfest im folgenden Jahr stand bevor. Gleichzeitig wollten die Initiatoren mit den Objekten den Grundstock für eine geschichtliche Sammlung anlegen. Sie stellten weiterhin Geld für eine Fotodokumentation der Stadt zur Verfügung. So entstand ein Album vom Anfag des 20. Jahrhunderts mit Stadtansichten, Bildern von Straßenzügen, einzelnen Häusern und Plätzen

 

Ein Jahr nach dem Heimatfest gründete sich 1906 ein „Ausschuss zur Ordnung der Altertümersammlung“ aus Ratsmitgliedern und Stadtverordneten. Gleichzeitig nahm die Stadt das Angebot des Lehrers Willibald Fritzsche an, die nötigen Arbeiten zu übernehmen, um ein dauerhaftes Museum einzurichten. Während sich der Lehrer Fritzsche auf Reisen begab, um sich in anderen Orten über deren Museen schlau zu machen, galt es vor Ort die Sammlung sicher aufzubewahren. Zwei kleine Räume in der Bürgerschule (später Diesterwegschule) dienten zur Lagerung der Objekte. Es folgte eine erste Inventarisierung und die Erstellung eines Kataloges.

 

Ab 1910 nahm das Vorhaben konkrete Züge an. Es sollten Räume für das Museum in der Fröhlichstraße 2 (heute Dr.-Otto-Nuschke-Straße) zur Verfügung gestellt werden. Dort befand sich die Web- und Wirkschule, die 1911 in das neu gebaute Fachschulgebäude auf der Webendörferstraße umzog In dieser Zeit verabschiedeten sich  die Vertreter der Stadt von der Idee, auch eine naturwissenschaftliche Abteilung einzurichten und positionierten sich für ein geschichtliches Museum.

 

Nicht alle Objekte der Sammlung eigneten sich zur Ausstellung. Einige Stücke mussten restauriert werden. So beschloss der Ausschuss in Vorbereitung der Eröffnung zwei Stadtfahnen aus der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts in Dessau überarbeiten zu lassen. Dort wurden sie gereinigt und auf Netze genäht.

 

Das Städtische Museum von der Eröffnung 1912 bis zum Ende des 2. Weltkrieges

 

Eröffnung des Städtischen Museums

 

Am Sonntag, den 21. Juli 1912 wurde das Museum in der Fröhlichstraße 2 eröffnet. Seitdem stand es einmal monatlich sonntags sowie an Feiertagen eine Stunde zur kostenlosen Besichtigung offen. Wer außerhalb dieser Zeit kommen wollte, musste Eintrittsgeld bezahlen.

 

Die Ausstellung zur Stadtgeschichte widmete sich folgenden fünf Themen:

 

1. Die staatspolitische Gemeinde,

2. Innungen,

3. Kirche,

4. Schule,

5. Alter Hausrat von Lichtensteinern. 

 

Besonders großer Wert wurde anfangs auf das Sammeln von Objekten zur Handwerks-geschichte gelegt. Angeregt von der Beratungsstelle für Ortsmuseen in Sachsen, wurden Objektlisten von den Innungen erbeten, die seit der Einführung der Gewerbefreiheit in Sachsen 1861 an Bedeutung verloren hatten, so dass die Gefahr des Verlustes von Gegenständen durch Verkauf oder Entsorgung bestand. So gelangten Innungsladen, Sargschilde, Leichentücher und andere Gegenstände sowie viele Akten in das Museum.

 

Nach dem Ende des 1. Weltkrieges erreichte die Frage nach dem Gedenken an die gefallenen Lichtensteiner auch das Museum, wo ursprünglich ein Album mit Fotos der Männer angefertigt werden sollte. Schließlich entwickelten die Verantwortlichen in der Stadt stattdessen die Idee einer Gedächtnisstätte weiter. Das Kriegerdenkmal entstand 1923 auf dem Lichtensteiner Friedhof St. Laurentius.

 

Rembrand, Dürer und Menzel im Museum für billige Volkskunst

 

Preiswerte Werke der bildenden Kunst für alle, also Reproduktionen, hielten 1913 in einem separaten Raum des Museums Einzug. „Billige Volkskunst“ hieß das damals, eine in unserer Zeit irritierende Bezeichnung. Damit mehr Bürger sich gute Kunst statt "Bilderschund" in ihre guten Stuben hängten, konnten die Reproduktionen nach dem Ausstellungswechsel auch gekauft werden bzw. kamen vor Weihnachten mit etwas Glück bei einer Bilderverlosung an neue Besitzer. 

 

Mit dem Beginn des 1. Weltkrieges kamen die Aktivitäten für diesen Museumsbereich zum Erliegen. Die Stadt kaufte keine neuen Reproduktionen mehr für Wechselausstellungen.

 

Die erste Sonderausstellung mit Werken des in Lichtenstein geborenen Bildhauers Martin Götze

 

Martin Götze wurde am 23. März 1865 in Lichtenstein als Sohn eines Webers geboren. Er erlernte das Handwerk seines Vaters,entwickelte jedoch bald ein bildnerisches Talent. Schon als Kind schnitzte er gern. Durch die Unterstützung seines Bruders konnte er sich in Leipzig als Holzbildhauer ausbilden lassen. Nach seiner vierjährigen Lehrzeit in einem Kunstatelier besuchte er die Kunstgewerbeschule und Kunstakademie,  wofür er ein Stipendium bekam.

 

Durch eine persönliche Verbindung lernte er den Großindustriellen Heinrich Wessel kennen, von dem er seinen ersten großen Auftrag erhielt: Er sollte ein Monument für eine Zementfabrik für die Weltausstellung in Chicago anfertigen.

 

1897 ließ er sich in Berlin nieder, wo er im Stadtteil Charlottenburg ein eigenes Atelier gründete.


Martin Götze blieb Zeit seines Lebens mit Lichtenstein eng verbunden. So schuf er einen Zierbrunnen mit der Büste des Königs Albert von Sachsen für seine Heimatstadt, der 1905 eingeweiht wurde.

 

1921 bot Martin Götze der Stadt eine Sonderausstellung mit seinen Medaillen und Plaketten an. Der 56jährige erklärte seine Motivation für die Ausstellung: Er wolle seiner

 „Vaterstadt ein Zeichen meiner Anhänglichkeit und Dankbarkeit damit bringen, die mich als jungen, werdenden Künstler einstmals aussandte und der nun durch manchen Wellenschlag der Erfahrung und durch manchen Erfolg einmal mit beladenem Schiffe im Hafen der Heimat landen möchte.“

 

Schließlich stellte er von Februar bis April 1922 eine Querschnitt seines Schaffens in Lichtenstein vor und bezog auch Plastiken, Entwürfe und Fotos großer Arbeiten ein. Das Museum öffnete in dieser Zeit häufiger und erhöhte die Eintrittspreise, so dass die Extrakosten gedeckt werden konnten.

 

Martin Götze verstarb am 5. Dezember 1928 und fand auf dem Friedhof in Berlin-Plötzensee seine letzte Ruhestätte.

 

Clemens Major und ein Objekt zwischen Sonneberg in Thüringen, Annaberg-Buchholz und Lichtenstein   

 

1925 entschloss sich der Karthograph Clemens Major, der in Lichtenstein aufgewachsen war, eine Palästina-Karte dem Museum der Stadt Lichtenstein zu übergeben. Er hatte sie im Alter von 13 Jahren gezeichnet. Diese Arbeit imponierte einigen Lehrern des Jungen sowie den wichtigen Lichtensteiner Persönlichkeiten Gerichtsamtmann Hecker und Stadtrichter Werner.

 

 Sie setzten sich für die gezielte Förderung seines Talentes ein. In Lichtenstein ist Clemens Major sozusagen entdeckt worden. Clemens Major verstarb 1930 im Alter von 82 Jahren in Sonneberg.

 

Spätestens 1946 gelangte die Karte in neue Hände: Die Diesterwegschule sollte sie als Unterrichtsmittel einsetzen.

 

Es kam aber anders. 1947 wurde die Karte zum 100. Geburtstag des Kartographen  im Erzgebirgsmuseum Annaberg gezeigt. Schließlich verblieb sie in Annaberg. So ging die wertvolle Karte weder verloren noch wurde sie ein Opfer der schlechten Lagerbedingungen des Lichtensteiner Museums während der Zeit der Schließung.

 

Seit 1997 befindet sich die Karte wieder im Lichtensteiner Museum. Sie konnte 2004 mit Hilfe von Fördermitteln aus der Kasse des Kulturraumes Zwickauer Raum restauriert werden.

 

1927 drohte dem Museum die Schließung, weil die Stadt die Räume für die Städtische Sparkasse nutzen wollte. Während sich im Stadtrat nur ein Vertreter dagegen aussprach, schaltete sich der Lehrer und Heimatforscher Hugo Colditz ein.

 

Er schrieb im Lichtenstein-Callnberger Anzeiger:

„Für jetzt gilt es zunächst, Stimmen laut zu machen, die für die Erhaltung unseres Museums eintreten, ehe es zu spät ist. Wenn das Museum „einstweilen“, d.h. doch wohl auf „unabsehbare Zeit“ eingepackt würde, so wäre das nicht nur [...] Beweis einer großen Undankbarkeit gegen seine Gründer, Sammler und Pfleger, sondern es bestünde auch die Gefahr, dass wertvolle Gegenstände, die dem Museum leihweise überlassen wurden, zurückverlangt werden und schließlich verloren gehen könnten. Neben den Realwerten dürfen die Idealwerte nicht ganz vergessen werden.“

 

Die Sparkasse zog nicht ein, und das Museum blieb bestehen.

 

Durch Schenkungen und Leihgaben wurde die Sammlung systematisch erweitert. Mitte der 1930er Jahre zählte der Bestand ca 1.300 Nummern, was allerdings nicht die genaue Objektzahl wiederspiegelt, da unter einer Nummer mehrere Objekte stehen konnten.

 

1936 übernahm der Lehrer Ulrich Köhler-Haußen die Leitung des Museums, nachdem der Oberlehrer Fritzsche in den Ruhestand gegangen und nach Dresden umgezogen war.

 

Der Geist des Nationalsozialismus durchzog auch das Lichtensteiner Museum. Entsprechende Sonderausstellungen fanden statt. Außerdem war die Erweiterung der Dauerausstellung zur Aufwertung der NS-Zeit geplant. 

 

Pläne zur Unterbringung des Museums im Schloss

 

Zwischen 1937 und 1939 gab es Überlegungen, das Museum zu vergrößern und im Schloss unterzubringen. Der Bürgermeister und der Landrat unterstützten die Idee ebenso wie der Fürst Günther von Schönburg-Waldenburg, der Räume in der Südwestecke des Schlosses zur Verfügung stellte.

 

Touristen sollten so die Möglichkeit bekommen, das Schloss auch von innen zu besichtigen. Dieser Gedanke gefiel allen Beteiligten.

 

Hinzu kam das Vorhaben, die unteridischen Gänge des Schlosses auszubauen und in den öffentlichen Rundgang einzubeziehen. Der Ausbruch des 2. Weltkrieges bedeutete leider das Ende dieser interessanten Pläne.

 

Willibald Fritzsche - 30 Jahre im Dienst des städtischen Museums

 

Der 1875 in Zwickau geborene Willibald Fritzsche absolvierte nach der Schulzeit eine Ausbildung am Lehrerseminar in Schneeberg und erhielt anschließend eine Anstellung in Schönheide. Drei Jahre später wechselte er nach Lichtenstein. Sein besonderes Interesse galt der Heimatgeschichte. Folgerichtig bekam er 1906 die Leitung des Aufbaus des Stadtmuseums übertragen.

 

Bedingt durch den Umzug mit der Familie nach Dresden im Anschluß an sein Ausscheiden aus dem Schuldienst 1936, mußte er die Museumsarbeit aufgeben.

 

Nicht nur als Leiter des Museums erwarb sich Willibald Fritzsche Verdienste, sondern auch als Heimatforscher. Er veröffentlichte zahlreiche Aufsätze und war ebenfalls mit verschiedenen Artikeln im „Lichtenstein-Callnberger Erzähler“, der heimatgeschicht-lichen Beilage des Lichtenstein-Callnberger Anzeigers, vertreten.

 

Willibald Fritzsche verstarb 1944 in Dresden.

 

Ulrich Köhler-Haußen – 2. Ehrenamtlicher Museumsleiter

 

Ulrich Köhler-Haußen wurde 1900 in Leipzig geboren. Er absolvierte in Borna eine Lehrerausbildung und erhielt in Pleißa bei Chemnitz seine erste Anstellung. Bevor er 1931 an der Pestalozzischule in Lichtenstein-Callnberg seinen Dienst antrat, war er kurzzeitig in Bernsdorf tätig.

 

Als ehrenamtlicher Museumsleiter und Stadtchronist wirkte er seit 1936. Seine Einberufung zum Militär setzte dieser Tätigkeit im September 1943 ein Ende.

 

Ulrich Köhler-Haußen verstarb 1985 in Lichtenstein.

 

Kurt Prahtel

 

Kurt Prahtel, geb. 1886 in Meißen, trat 1921 die Stelle des in Ruhestand gegangenen Lehrers Hugo Colditz an. Er fand den Weg nach Lichtenstein über das Lehrerseminar in Grimma sowie Anstellungen in Niedersteinbach bei Penig  und in Mülsen St. Niclas.Er setzte sich vor allem in der Zeit nach 1945, als es um eine Wiedereröffnung des Museums ging und noch kein Museumsleiter gefunden war, für die Belange der stadtgeschichtlichen Sammlung ein. Bis zu seinem Fortgang aus Lichtenstein 1966 arbeitete er eng mit dem Museumleiter Willi Dörfel zusammen.

 

Kurt Prahtel verstarb 1977 in Grimma.

 

Volle Kisten statt offenes Museum

Das Städtische Museum zwischen 1945 und 1951

 

Nach dem Ende des 2. Weltkrieges sollte das Museum aufgelöst und seine Bestände an das Landratsamt Glauchau bzw. an die Landesverwaltung abgegeben werden. Im Oktober 1945 ordnete jedoch die Sowjetische Militär-Administration an, alle Museen in der SMAZ wieder einzurichten. Also blieben die Kisten mit dem Museumsgut in der Stadt. Sie wurden im Juli 1946 ins Schloss gebracht. Der Rote und Gelbe Salon diente nun als Lager.

 

Im Juni 1948 meldeten sich der Landesmuseumspfleger und der Kreismuseumspfleger zum Besuch in Lichtenstein an. Dr. Hentschel, der Landesmuseumspfleger stellte dabei fest, „er könne es nicht verantworten, wenn diese Sachen in einem vollkommen ungeeigneten Raum so nach und nach verkommen.“ Man einigte sich darauf, dass sich die Stadt um vier Räume im Nordflügel des Schlosses bemüht. Der FDGB (Freier Deutscher Gewerkschaftbund) wollte zu der Zeit eine Schule im Schloss einrichten.

 

Aufgrund des Druckes von außen wurden die Museumspläne nun ernsthaft vorangetrieben. Der Lehrer Willi Dörfel erhielt den Auftrag, den Wiederaufbau des Museums vorzubereiten, wobei er die industriegeschichtliche Entwicklung der Stadt in den Vordergrund rücken sollte: „Der Aufbau dieser Abteilung soll gleichzeitig das Ziel verfolgen, propagandistisch für die Lichtensteiner Industrie zu wirken.“

 

Mit der Entscheidung, das Schloss ab 1949 zu einem Altersheim auszubauen, war zum zweiten Mal die Chance vertan, das Museum im markantesten und geschichtsträchtigsten Gebäude der Stadt unterzubringen.

 

Wieder am alten Standort – Das Museum zwischen 1951 und 1956

 

In das Haus Fröhlichstraße 2, in dem das Museum dreiunddreißig Jahre sein Domizil hatte, zog es 1951 wieder ein. Am 17. November wurde die stadtgeschichtliche Ausstellung sowie eine Sonderausstellung mit Gemälden des in Lichtenstein lebenden Malers Georg Lührig auf einer Fläche von 115 m² eröffnet. Hinzu kam ein Depotraum von gerade einmal 9 m².

 

In der kurzen Zeit des verbleibenden Jahres kamen 800 Besucher ins Museum. Im folgenden Jahr waren es doppelt so viele, davon – über 90 % – Jugend- und Schülergruppen mit bestellten Führungen.

 

Fast hätte das Museum kurz vor der Wiedereröffnung eines seiner attraktivsten Exponate eingebüßt. Am 1. Mai 1951 entdeckte ein Vertreter der Oberpostdirektion Leipzig das historische Laufrad, das zum Umzug mitgeführt wurde. Gerne hätte er es für das Postmuseum in Berlin erworben oder leihweise mitgenommen. Der Museumsleiter Willi Dörfel lehnte ab und da er auch die Stadtverwaltung auf seiner Seite hatte, blieb das Laufrad in Lichtenstein.

 

In den 1950er Jahren wurden die Museen in der DDR stärker zentralisiert. 1952 sollten Museumsbeiräte gebildet werden. In Lichtenstein bestand der Beirat aus Vertretern des Kulturbundes, der Oberschule sowie je einem Vertreter der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft (DSF), der Gewerkschaft (FDGB – Freier Deutscher Gewerkschaftsbund) und der Jugendorganisation FDJ (Freie Deutsche Jugend).

 

Es folgte die Aufforderung, nach landeseinheitlichen Vorgaben die Bestände zu inventarisieren, eine wichtige Aufgabe, bei der der ehrenamtliche Museumsleiter jedoch schnell an Grenzen stieß, zumal alles bis 1955 erledigt sein sollte. Willi Dörfel sortierte, ordnete, erfasste und nummerierte alle Objekte. Hinzu kamen 600 Fotos, 111 Bücher und ein großer Aktenbestand. Am Ende gab es eine grobe Auflistung. Auf den Karteikarten, die für jedes der mehr als 3.500 Objekte bzw. Objektgruppen zusätzlich zum Inventarbuch anzulegen waren, stand allerdings oft nur der Titel des Objekts. 

 

Die beengten Platzverhältnisse einerseits und andererseits neue Anforderungen, wie beispielsweise die umfassende Darstellung der Geschichte der Arbeiterbewegung in der Aussellung, sprachen für einen Umzug. Im 1. Halbjahr 1955 fanden Diskussionen über die Verlegung des Museums in die Ernst-Thälmann-Straße 29 statt.

 

Folgende Sonderausstellungen wurden zwischen 1951 und 1954 gezeigt: Gemäldeausstellung von Prof. Lührig

 

·        "Laienkünstler stellen aus"

 

·        Gemälde von Rudolf Nehmer, Dresden

 

·        Industrieausstellung des Strumpfwerkes Lichtenstein

 

·        Kunstausstellung u.a. mit Werken von Friedrich Lindig, Glauchau; Kunstkeramik Walter Richter, Waldenburg; Arbeiten von Lichtensteiner Schnitzern

 

·        Sonderausstellung zur Geschichte der Deutschen Arbeiterbewegung

 

·        Ölgemälde, Aquarelle, Zeichnungen von Gottfried Püschel, Glauchau

 

·        Wanderausstellung "Das Jahr 1813 -  Nationaler Befreiungskampf“

 

·        „Der Humorist am Zeichenbrett", Arbeiten von Hermann Gebhardt

 

·        Wanderausstellung "Dürer-Cranach"

 

Größer, zentraler und trotzdem nicht gesichert:

Das Museum im Ratskeller 1957 bis 1971

 

1956 erfolgte der Umzug in das Obergeschoss des Ratskellers bzw. ehemaligen Rathauses. Als Ausstellungsfläche standen nun 5 Räume mit 128 m² zur Verfügung. Zusätzlich konnte das Dachgeschoss genutzt werden.

 

Die Wiedereröffnung fand am 12. Januar 1957 statt.

 

Einfluss des Bezirkes und die drohende Schließung

 

Mitte der 1960er Jahre schwebte über dem Museum wieder die Schließung. Die Museumsleiter des Bezirkes sprachen auf einer Tagung 1964 davon, dass die Regionalmuseen die kleinen Häuser betreuen sollen. Auslöser war die Festlegung im Volkswirtschaftsplan 1965, die Museen zu zentralisieren. Entsprechende Planungen im damaligen Bezirk Karl-Marx-Stadt sahen nur noch Regionalmuseen vor. Neben dem Museum in Hohenstein-Ernstthal sollte auch die Lichtensteiner Einrichtung ab 1965 „nicht mehr staatlich geplant werden“. Was bedeutete das? In Lichtenstein hieß es sogar „Zur Zeit gibt es Erwägungen, Museen aufzulösen und ihre Bestände in größere, gleicher Art zusammenzufassen.“ Dann wiederum sprach man beim Rat des Bezirkes von heimatkundlichen Kabinetten als Alternative.

 

Diese vor allem auf Kreis- und Bezirksebene geführten Diskussionen verunsicherten den Lichtensteiner Museumsleiter, zumal er in die Gespräche nicht von Anfang an einbezogen wurde.

 

 Bald schalteten sich auch die städtischen Vertreter ein, die beim Rat des Kreises anklopften, mit der „Bitte um Unterstützung, damit das Museum bestehen bleibt“. Gleichzeitig schlug der Bürgermeister Erich Schreier vor, mehr Ehrenamtliche einzubeziehen. Herr Dörfel gab zu bedenken, dass dies versucht worden sei, er aber fast alle Arbeit allein mache.

 

Mitte des Jahres 1965 schien ein Ausweg möglich, falls sich das Museum neu profiliert. Die Darstellung der Chenilleherstellung, einem Spezialzweig der Textilindustrie, die Arbeiterbewegung und der naturkundliche Bereich sollten ausgebaut werden. Die Stadt erhielt sogar die schon gestrichenen Gelder. 

 

So konnte die Schließung erst einmal abgewendet werden.   1966 präsentierte das Museum eine neue Ausstellung zu einem der gewünschten Themen: "Vereinigung KPD-SED, 20. Jahrestag".

 

Der geplante Neubeginn

 

Einen Beschluss zur Neuprofilierung des Museums fassten die Abgeordneten der Stadtverordnetenversammlung am 15. Juni 1967. Konnte Willi Dörfel, inzwischen im Alter von 70 Jahren, das Projekt stemmen? Es entstand eine Arbeitsgemeinschaft, die federführend „in Zusammenarbeit mit dem Museumsleiter und dem Kulturbund“ die Neuausrichtung plante, wie die lokale Presse Anfang 1968 bekannt gab. „Anregungen zur Umgestaltung des Museums nimmt der Museumsleiter gern entgegen“, hieß es weiter in der Zeitung. Vorhaben lassen sich schnell formulieren. Doch was passierte konkret?

 

Es interessierten sich zunehmend Einrichtungen von außen für die Bestände. So fertigte die staatliche Fotothek Dresden Aufnahmen von ausgewählten Exponaten an. Die Schusswaffenverordnung von 1968 führte dazu, dass die Museen sämtliche Schussgeräte und Schusswaffen genau erfassen mussten. Kleine Einrichtungen durften ihre Waffen nicht behalten. Im April 1969 erfolgte der Abtansport der Lichtensteiner Gewehre zum Schlossbergmuseum in Chemnitz und zur Burg Kriebstein. Die damalige Dokumentation, zu der auch Fotos gehörten, blieb erhalten, so dass die Lichtensteiner Waffenbestände 1991 aus Kriebstein und 1996 aus Chemnitz zurückkehrten.

 

Im Sommer 1968 präsentierte die Arbeitsgemeinschaft der Modelleisenbahner ihre Arbeit und in der Weihnachtszeit standen geschmückte Weihnachtsbäume und Seiffener Spielzeug im Museum. Im Juli und August 1969 zeigten Arbeitsgemeinschaften des Kulturbundes, des Klubhauses „7. Oktober“ und der Station Junger Techniker Briefmarken, textile Kunst, Aquarelle, Zeichnungen, Modelle und Schnitzarbeiten.

 

Zu der zweiten Ausstellung des Jahres 1969 kamen innerhalb von 10 Tagen 2.300 Besucher. Der bekannte mechanische Heimatberg „Erzgebirgische Dorfkirmes“ von Erich Partey aus Einsiedel, der sich seit 1986 im Museum für bergmännische Volkskunst befindet, lockte die Besucherscharen an.

 

1970 fand eine Sonderausstellung mit geknüpften Teppichen, bestickten Decken und Deckchen mit Kartoffeldruck

 

statt, die die Arbeitsgemeinschaft Malen, Zeichnen und textiles Gestalten im Museum ausrichtete.

 

Die letzten Jahre des Museums in der DDR-Zeit

 

Den schleichenden Niedergang der Einrichtung dokumentiert eine Notiz des Kulturbundes im Juli 1969, der gemeinsam mit dem Klubhaus „7. Oktober“ und der Station Junger Techniker die Ausstellung „Freizeitgestaltung durch künstlerisches Volksschaffen“ vorbereitete. Die Museumsräume und Vitrinen befänden sich „in einem sehr verschmutzten Zustand“, kritisierten Vertreter des Kulturbundes. Einen Monat später brachen Unbekannte in das Museum ein und entwendeten Porzellan-, Glas- und Zinngefäße.

 

Ohne Kenntnis des Museumsleiters erhielt der Wirt des Ratskellers Objekte aus dem Museum zu Dekorationszwecken, u.a. 3 Relieftafeln des Lichtensteiner Tischlers Otto Götze.

 

Unverständlich erscheint die Entwicklung vor dem Hintergrund steigender Besucherzahlen. So kamen 1969 insgesamt 4.530 Gäste ins Museum, mehr als dreimal so viele wie 1964.

 

 Die damaligen Öffnungszeiten, 2 Nachmittagsstunden am Samstag und 2 ½ Stunden am Sonntagvormittag lassen darauf schließen, dass viele angemeldete Gruppen kamen. Schulklassen und Betriebskollektive kamen schon in der frühen DDR-Zeit zahlreich zu Führungen. Wer in dieser Zeit eine der Lichtensteiner Schulen besuchte, kannte auch Willi Dörfel oder wie er umgangssprachlich hieß „Dörfel-Pap“. 

 

Willi Dörfel

 

Willi Dörfel wurde 1896 in Heinrichsort geboren. Noch als Kind zog seine Familie nach Lichtenstein in die Rödlitzer Straße.    Willi Dörfel erhielt eine Ausbildung am Lehrerseminar in Stollberg und wirkte später in Rödlitz, bevor er an der Lichtensteiner Diesterwegschule eine Anstellung als Lehrer bekam. Im Alter von 68 Jahren ging er als Lehrer in den Ruhestand.

 

Seit 1924 wohnte er in der Hauptstraße 19, der späteren Ernst-Thälmann-Straße, also in unmittelbarer Nähe zum Museum, das er bis zum Alter von 75 Jahren leitete.

 

Willi Dörfel verstarb 1986 in Lichtenstein.

 

1971 wurde das Museum aufgelöst. Die Museumsobjekte wurden „abgegeben an den Rat der Stadt, Abteilung Volksbildung“. Den Aktenbestand übernahm am 9. September das Stadtarchiv, ein Teil kam ins Kreisarchiv. Die Bücher des Museums erhielt die Stadtbibliothek.

 

Zu seiner Verabschiedung als Leiter des Heimatmuseums erhielt Willi Dörfel am 16. Dezember 1971 vom Bürgermeister die Erinnerungsnadel für Verdienste im künstlerischen Volksschaffen, eine Urkunde und einen Präsentkorb.

 

Doch diese Verabschiedung bedeutete weit mehr. Sie besiegelte gleichzeitig das Ende des Lichtensteiner Museums in der DDR-Zeit.

 

 Auch wenn die Verantwortlichen in der Stadt immer wieder von einer Neuprofilierung und geplanten Wiedereröffnung spachen, so mangelte es wohl an der Ernsthaftigkeit des Vorhabens.

 

 Das Museumsgut nach 1971 bis zum Ende der DDR

 

In den Jahren ab 1971/72 fanden vereinzelt noch Sonderausstellungen statt wie beispielsweise im Sommer 1972 die Ausstellung der Kreisarbeitsgemeinschaft "Angewandtes Volkskunstschaffen". Doch sollten das Ausnahmen bleiben. Ein neues Museumskonzept gab es genau so wenig wie eine Wiedereröffnung. Lediglich 1976 flackerte der Gedanke einer Neueröffnung noch einmal auf. In einer „Konzeption zur Profilierung der Museen des Bezirkes Karl-Marx-Stadt“ vom Bezirkskunstzentrum Karl-Marx-Stadt wurde vorgeschlagen, in Lichtenstein ein „Technisches Museum für die im Kreis Hohenstein-Ernstthal und in den Nachbarkreisen typische Textilerzeugung und –verarbeitung“ einzurichten.

 

Ohne einen engagierten Leiter, der auch den Bestand betreute, drohte das gegenständliche Gedächtnis der Stadt in alle Winde verstreut zu werden. Inzwischen waren viele Objekte in die Jugendherberge gekommen. 

 

1978 zog der Veteranenklub der Volkssolidarität in das Obergeschoss des Ratskellers ein. Wohin mit dem verbliebenen Museumsgut? Dafür mietete die Stadt 1979 im Hinterhaus der Brückenstraße 4, einer ehemaligen Druckerei, Flächen an.

 

1980 bekam die Volkssolidarität zwei weitere Räume im Ratskeller hinzu. Bis dahin muss noch das Landschaftsrelief dort gestanden haben. Jetzt war es im Wege. Nach Zeugenaussagen wurde es damals entsorgt.  

 

Aber auch auf dem Dachboden des Ratskellers lagerte noch Museumsgut, das nicht nur starken Temperaturschwankungen und Feuchtigkeit ausgesetzt war. Der aggressive Kot von Tauben, die dort nisteten, zerstörte nicht nur Malereien und griff Möbel an.

 

Ob der Taubendreck Mitte der 1980er Jahre, als es eine Reinigungsaktion gegeben haben soll, wirklich knöchelhoch stand, wie eine Zeitzeugin erzählte? Auf alle Fälle stellten die Taubenmilben eine ernste gesundheitliche Gefahr auch für die Menschen dar.

 

1989 – 1999 Wiederaufbau

 

Nach der politischen Wende 1989 engagierte sich der 1990 gegründete Verein für Geschichte der Stadt Lichtenstein/Sa. e.V. für den Wiederaufbau des Museums. Die Mitglieder kümmerten sich um die Sicherung und Rückführung historischer Gegenstände und um Neuanschaffungen, wie beipspielsweise den Erwerb von zwei Handwebstühlen. 1991 konnte die Mustersammlung der ehemaligen Weberei Paul Zierold, Teil des späteren Möbelstoff- und Plüschwerkes Hohenstein-Ernstthal übernommen werden.

 

Der Stadtrat beschloss am 9. Juni 1994 den Wiederaufbau des Museums. Daraufhin wurde vom Verein für Geschichte der Stadt Lichtenstein/Sa. und der Stadtverwaltung die Arbeitsgruppe „Museum“  gegründet. Sie stand unter der Leitung des Vereinsmitglieds Peter Wilhelm. Vertreter der Stadtverwaltung, der Sächsischen Landesstelle für Museumswesen sowie zeitweilig Mitarbeiter des Museums Schloss Hinterglauchau saßen an einem Tisch.

 

Das einstige Domizil, das ehemalige Rathausgebäude, wurde zur Aufnahme der Ausstellungen, des Depots und der Büroräume ausgewählt. Es musste saniert und umgebaut werden. Seitdem nahm auch die zuständige Architektin an der Museumsrunde teil. Die Sächsische Landesstelle für Museumswesen vermittelte einen Gestalter und stellte Fördermittel in Aussicht, unter der Voraussetzung, dass die Einrichtung fachwissenschaftlich geleitet würde.

 

Seit November 1994 wird das Museum von der Autorin, Absolventin des Institutes für Museologie Leipzig, geleitet. In dieser Zeit standen viele städtische Aktivitäten im Zeichen eines bevorstehenden Großereignisses: der 1. Sächsischen Landesgartenschau 1996. In dem Festjahr sollte auch das Museum eröffnet werden. Der Aufbau ging zügig voran. Die inhaltliche Konzeption der Dauerausstellung zur Stadtgeschichte lag gemeinsam mit dem Gestaltungskonzept Mitte 1995 vor. Eine unter aktuellen museologischen Gesichtspunkten erarbeitete und zeitgemäß eingerichtete Ausstellung stand auf dem Papier. Am 22. Juni 1995 beschlossen die Stadträte die Konzeption.

 

Die Dauerausstellung war also in der Theorie fertig. Allein die Bauarbeiten des zu sanierenden künftigen Museumsgebäudes hielten nicht Schritt. Die Schäden am Gebäude erwiesen sich umfangreicher, als angenommen. Zusätzlich stellten sich finanzielle Probleme ein. Dadurch verschob sich der Eröffnungstermin vom Mai 1996 auf den August des gleichen Jahres. Feierlich ging es am 29. August zu - allerdings nicht im Museum. Anlässlich der geplanten, aber nicht durchgeführten Eröffnung stand ein Konzert zur Unterstützung des Museums im Rathaus auf dem Programm.

 

Ausstellungstätigkeit an verschiedenen Orten – Erste Sonderausstellung mit archäologischen Funden

 

Im Oktober 1995 fand die erste Sonderausstellung statt, die sich unter dem Titel: „Altertümer aus Lichtensteins Frühzeit – Entdeckungen im Untergrund“ mit archäologischen Funden aus Lichtenstein, vor allem aus dem Schlossbereich, beschäftigte. Sie kam zustande in Zusammenarbeit mit der Archäologin Claudia Tappert, die ein Jahr im Ausbildungszentrum Lichtenstein eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM) unter dem Titel „Altertümermaßnahme“ leitete. Frauen und Männer beschäftigten sich mit der Bearbeitung ärchäologischer Funde aus Stadtkerngrabungen in Zwickau, Chemnitz u.a. Orten. Dass Frau Tappert Zeit hatte, nebenbei die Lichtensteiner Funde aufzuarbeiten, erwies sich als glücklicher Umstand. In den kommenden Jahren folgten bis 2001/02 fünf weitere archäologische Ausstellungen zu verschiedenen Themen mit den jeweiligen Archäologen des AZL. 2003 wurde die „Altertümermaßnahme“ nach dem Ende des großen Baubooms und dem folgenden Rückgang von Grabungen eingestellt. 

 

Als neuer Eröffnungstermin für die Dauerausstellung kam der 7. Juni 1997 ins Gespräch. Wieder blieb es bei einer Veranstaltung unter dem Titel „MUSEUMS-VORSTELLUNGEN“ außerhalb, mit Vorträgen, Musik und einer imaginären Führung durch die zukünftige Ausstellung.

 

Trotz der fehlenden Heimstatt bemerkten die Bürger die Museumsentwicklung. Unter dem Motto „Geschichte im Vorübergehen“ wurden seit 1998 Schautafeln über Lichtensteiner Häuser, Fabriken u.a. Gebäude gestaltet und in einem leer stehenden Geschäft aufgehängt. Eine Vitrine in der Stadtbibliothek und eine Vitrine im Rathaus stellte Objekte aus dem Altbestand oder Neuzugänge – meistens Schenkungen – mit ausführlichen Informationen vor.

 

Kurz vor der Wiedereröffnung wurde ab 18. Februar 1999 das inzwischen baufällige, seitlich angebaute Hinterhaus abgerissen. Ursprünglich sollten dort das Museumsdepot sowie Büroräume untergebracht werden.

 

Seit 1999 lebendig für Einwohner und Gäste – das Stadtmuseum

Wiedereröffnung und Blick auf das erste Jahr

 

Am 27. Februar 1999 öffnete das Museum im Obergeschoss des halbfertig sanierten Hauses seine Pforten. In drei Räumen werden ausgewählte Sachzeugen zur Lichtensteiner Stadtgeschichte gezeigt. Die Aufbereitung erfolgte selektiv fach- und objektbezogen, nicht ausschließlich historisch-chronologisch. Der Faden der Ausstellung zieht sich von den Anfängen der Stadtgeschichte über die Schönburger Herren, Grafen und Fürsten und die kirchliche Entwicklung zur Vielfalt des städtischen Handwerks bis hin zur industriellen Produktion. Es folgt die Darstellung der im 18. Jh. gegründeten Neustadt Callenberg, die später Callnberg hieß, die örtliche Postgeschichte mit der Präsentation eines Postrades sowie ein Blick auf das Vereinsleben. Zwei berühmte Lichtensteiner Persönlichkeiten werden im dritten Raum vorgestellt: der Bildhauer und Medailleur Martin Götze sowie der ehemalige Leipziger Zoodirektor Prof. Dr. Karl Max Schneider. Spezialthemen sind die Begräbnistraditionen der Innungen mit einer Sammlung von Sargschilden und die Chenilleherstellung, ein besonderes Verfahren aus der Textilindustrie.

 

Für Sonderausstellungen stand ein vierter Raum zur Verfügung. Dort startete die erste Sonderausstellung mit Glaskunst aus Kenia, gefolgt von einer archäologischen Ausstellung, Ölgemälden eines Lichtensteiner Hobbymalers, Graphiken und Collagen aus Argentinien sowie einer Weihnachtsausstellung. Die Sonderausstellung mit Weckern aus 200 Jahren avancierte zu einem Besucherhit. Große Resonanz, vor allem beim älteren Publikum, fand die Fotoausstellung  historischer Stadtansichten. Die Präsentation von Web- und Töpferarbeiten Lichtensteiner Schulen wandte sich vor allem an die junge Generation, um Kinder und Eltern ins Museum zu locken. Die Vielseitigkeit der Themen ist Absicht.

 

Schon vor der Museumseröffnung ergänzten Fachvorträge die jeweiligen Sonderausstellungen.

 

Außerdem fanden im ersten Jahr sechs Vortragsnachmittage der Reihe „Museumskaffeeklatsch“ statt. Vorträge im Begleitprogramm von Sonderausstellungen wurden organisiert und die Konzertreihe „Musik in den Museumshöfen“ mit dem benachbarten Puppenmuseum ins Leben gerufen.

 

Die Bilanz des ersten Jahres nach der Wiedereröffnung zählte 4624 Besucher. Die Arbeit wurde von zwei festangestellten Mitarbeiterinnen geleistet, einer Museologin und einer Mitarbeiterin für Kasse und Aufsicht sowie von ein bis zwei ABM-Kräften. Das Museum hatte im ersten Jahr 34 Stunden an 6 Tagen in der Woche geöffnet.


Noch eine Verbesserung brachte das Jahr 1999. Im Juni erhielt das Museum ein anderes Museumsdepot für die Aufbewahrung der Gegenstände, die nicht ausgestellt sind. Neue Räumlichkeiten, temperierbar und mit elektrischem Licht ausgestattet, konnten bezogen werden.

 

Erweiterung des Museums mit dem Sonderausstellungsbereich im
Dachgeschoss

 

Der Ausbau des Dachgeschosses war von Anfang an im Sanierungsplan vorgesehen, ursprünglich sogar mit einem Treppenaufgang zum Dachtürmchen mit Aussichtsplattform. Die Architekten planten dort einen „Raum im Raum“, einen verglasten, beheizbaren Veranstaltungsraum, von dem aus die Gäste in das Gebälk des Daches schauen sollten. Auf gleicher Ebene, aber außerhalb des Glasraumes, wollte der Geschichtsverein einen Heimatberg aufbauen, Lichtenstein im Kleinformat. Viele Hausmodelle gab es bereits. Lehrer und Schüler bauten daran seit 1991 im Rahmen des Polytechnikunterrichtes in Abstimmung mit dem Geschichtsverein.

 

Als sich im Laufe der Zeit herausstellte, dass das Hinterhaus nicht saniert wird, fehlten Arbeits- bzw. Nebenräume für das Museum. Diese sollten nun als Raumwürfel in das Dachgeschoss integriert werden und die übrige Fläche als Sonderausstellungsbereich öffentlich zugänglich sein. So blieb der Blick in das Dachgebälk bis unter den First erhalten.  

 

Am 11. Oktober 2000 betraten die Lichtensteiner und Gäste zur Eröffnung einer  Sonderausstellung erstmalig das Dachgeschoss nach der Sanierung. „Friedrich Naumann – Von Sachsen zur liberalen Weltpolitik“ hieß die Ausstellung, die in Zusammenarbeit mit der Friedrich-Naumann-Stiftung entstanden war und an den in Lichtenstein aufgewachsenen Politiker erinnerte.

 

 

Prof. Dr. Karl Max Schneider:  Einrichtung eines Gedenkzimmers, neue zoologische Vortragsreihe und die Bearbeitung des Nachlasses

 

Mit der Erweiterung des Museums um das Dachgeschoss stand der ehemalige Sonderausstellungsraum im 1. Obergeschoss zur Verfügung. Dieser Raum wurde dem in Callnberg geborenen Karl Max Schneider gewidmet, der bis zu seinem Tod 1955 als Direktor des Leipziger Zoologischen Gartens tätig war. Er erlangte als Tierverhaltensforscher und Löwenzüchter internationale Bedeutung.

 

So wurde die bisherige kleine Schneider-Ecke neben der Kasse frei, wo sich fortan der erweiterte Kassen- und Stadtinformationsbereich befanden. 

 

Aus dem Nachlass von Prof. Dr. Schneider standen reichlich Objekte zur Verfügung. Möbel seines Arbeitszimmers sowie persönliche Gegenstände und wissenschaftliche Instrumente befanden sich bereits in der Ausstellung. Nun kamen u.a. von ihm präparierte und wissenschaftlich untersuchte Schädel von Tieren des Zoos hinzu. Der größte Schädel in der Ausstellung stammt von einer Giraffe. Anhand der Löwenschädel wird von Schneiders Erfolgen in der Löwenzucht berichtet. Außerdem gab es nun Platz für Tiergemälde und Tiergraphiken aus der von Schneider angelegten Sammlung. Wer möchte, kann sich eines von Schneiders Büchern mit Tiergeschichten und Erlebenissen aus dem Zoo zur Hand nehmen und darin blättern oder Filme aus der Serie „Der gefilmte Brehm“ mit Prof. Schneider anschauen.

 

Am 26. September 2001 hielt der Dipl.-Biologe Winfried Gensch zur Übergabe des neu gestalteten Raumes den 1. Vortrag der neuen Reihe „Lichtensteiner Karl-Max-Schneider-Vorträge“ zu dem Thema: Tierwelt zum Staunen – Zootiere, wie man sie selten sieht. Winfried Gensch ist in Lichtenstein groß geworden und arbeitete zuletzt als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Dresdner Zoo. Dem Museum half er bei der Aufarbeitung der Trockenpräparatesammlung aus dem Nachlass Schneiders. 

 

Der wissenschaftliche und persönliche Nachlasses Prof. Dr. Schneiders, den seine ehemalige Mitarbeiterin und Erbin Ingeborg von Einsiedel im Juni 1995 dem Förderverein des Lichtensteiner Gymnasiums übergab, wurde 2002/2003 vom Lichtensteiner Gymnasium in das Depot des Museums verlagert. Seitdem erfolgt die schrittweise Inventarisierung und Archivierung der Akten, Fotos usw.

 

Erinnerungen bewahren - Geschichte aktuell und lebendig diskutieren –
Der Museumskaffeeklatsch

 

1998 erschwerten Finanzierungsprobleme  den Fortgang der Arbeiten am Ratskellergebäude. Ungeachtet dessen traten die Museumsmitarbeiterinnen verstärkt mit Veranstaltungen außer Haus an die Öffentlichkeit heran. Sonntagnachmittagsvorträge bei Kaffee, Kuchen und Musik unter dem Titel „Museumskaffeeklatsch“ wurden ins Leben gerufen.

 

Die damals begonnene Veranstaltungsreihe erfreut sich bis heute großer Beliebtheit. Sie findet immer sonntags statt. In der Regel werden drei Vorträge angeboten. Der erste Teil beschäftigt sich mit der frühen Geschichte. Bis auf einige Ausnahmen erfolgen die Recherchen durch das Museum. Anschließend berichtet nach Möglichkeit ein Zeitzeuge aus der jüngeren, meistens der DDR- Vergangenheit. Im dritten Teil wird die Nachwendeentwicklung bis zur Gegenwart mit einem Ausblick auf die Zukunft thematisiert. Um die Vorträge nicht zu stören, findet das Kaffeetrinken vorher statt.

 

Stets gibt es auch eine musikalische Umrahmung. Durch den guten Kontakt zur Musikschule erhalten Kinder und Jugendliche die Möglichkeit, sich öffentlich auszuprobieren und ihr Können vorzustellen. Aber auch andere Laien und Musiker helfen uns. Den Abschluss des Nachmittages bildet ein Rundgang durch das Haus, sofern die Voraussetzungen dafür gegeben sind. Häufig führt der Eigentümer die Gäste selber.

 

Von Anfang an wandten sich die Veranstaltungen an Interessierte jeden Alters. Im Laufe der Zeit wurde die Reihe jedoch eher als Seniorenveranstaltung wahrgenommen. In Abhängigkeit vom Thema kommen aber auch andere Altersgruppen.

 

Vor allem ehemalige Mitarbeiter fühlen sich angesprochen, wenn sie in den Häusern gearbeitet haben. Dies ist oft der Fall, wenn der Nachmittag in einer ehemaligen Fabrik, einer Schule, einem öffentlichen Gebäude (Rathaus, Polizei, Bahnhof usw.) stattfindet. Aber auch Gasthäuser, Villen, Kirchengebäude u.a. locken Neugierige, die sonst keinen Zugang zu den Gebäuden finden. So kommen im Durchschnitt 40 bis 100 Gäste. Die am besten besuchte Veranstaltung mit 220 Gästen fand 2008 in einem ehemaligen Gasthaus statt, das heute vom HELMNOT Theater genutzt wird.

 

Die Veranstaltungsreihe folgt einem wichtigen Gedanken des Museums: einer lebendigen und ernsthaften Auseinandersetzung mit der Geschichte, indem sie immer wieder aktuell diskutiert wird.  Dazu gehört auch die nicht immer konfliktfreie Aufarbeitung konkreter lokaler Ereignisse der jüngeren  Geschichte aus der der NS-Vergangenheit und der DDR-Zeit. 

 

Bis Mitte 2012 fanden 62 Veranstaltungen in dieser  Reihe statt. 59 verschiedene Gebäude und deren Geschichte wurden dabei thematisiert. Nur dreimal wurde ein Ort ein zweites Mal aufgesucht. In den Fällen gab es neues Interesse aufgrund von baulichen Veränderungen bzw. weil neue historische Erkenntnisse vorlagen.

 

In Zukunft wird die Veranstaltung hin und wieder im Museum stattfinden aufgrund der personellen Engpässe bzw. wenn es keinen Platz zum Verweilen vor Ort gibt, beispielsweise bei interessanten, aber baufälligen Häusern.

 

Publikationen und weitere Aktivitäten des Museums

 

Zeitzeugen können vielseitig in die Museumsarbeit einbezogen werden. Diese sehr individuellen Schilderungen lokaler Geschichte bereichern die überlieferten Fakten, zwingen aber auch zu einer intensiven Auseinandersetzung. Wörtlich aufgezeichnete Interviews mit Zeitzeugen fanden nach der Auswertung u.a. Eingang in die Schriftenreihe „Lichtensteiner Hausgeschichten“, die im Herbst 2000 begonnen wurde. In loser Blattfolge wird die Geschichte interessanter Lichtensteiner Gebäude vorgestellt, geschrieben von der Autorin. Zwei Folgen stammen Mitgliedern des Vereins für Geschichte der Stadt Lichtenstein e.V., Wilhelm Hänchen und Brigitte Gränitz. Anfang 2012 lagen 38 Hausgeschichten vor. Zwei Bücher über Lichtenstein mit umfangreicher Bebilderung entstanden 2004 und 2010. In dem Buch „Zeitsprünge“ werden Stadtansichten aus der Zeit um 1900 und Ansichten 100 Jahre später gegenübergestellt und historisch eingeordnet. Die meisten akutellen Fotos nahmen Mitglieder des Geschichtsvereins auf. Das andere Buch mit dem Titel „Lichtenstein 1949 –1989 zwischen Karl-Marx-Platz und Straße des Sozialismus““ stellt die Stadtentwicklung anhand von Bildern in der DDR-Zeit vor.

 

Das Lichtensteiner Stadtmuseum versteht sich als lebendiger Ort, an dem in Ausstellungen und Veranstaltungen Geschichte immer wieder diskutiert wird. Dazu gehört auch die Auseinandersetzung mit der jüngsten, meist noch bewusst erlebten Geschichte, deren oft sehr emotionaler Blick die nüchterne Betrachtung überlagert.

 

Zehn Jahre nach dem Fall der Mauer riefen Lichtensteiner Bürgerinnen und Bürger gemeinsam mit dem Stadtmuseum, der Stadtbibliothek und dem HELMNOT Theater zum Erinnern und Diskutieren in einer Veranstaltungreihe unter dem Titel „Jahr10“ auf. Im November 1999 fanden Lesungen, Gespräche und eine Sonderausstellung im Saal des ehemalingen Callnberger Rathauses statt. Zu Gast waren u.a. Utz Rachowski und Udo Scheer. Auch im 13. und 20. Jahr nach dem politischen Umbruch boten das Museum in Zusammenarbeit mit der Stadtbibliothek Lesungen und Diskussionsabende und jeweils eine Ausstellung der Stasi-Unterlagenbehörde (BstU) an. 

 

Gefragt ist das Museum als Partner bei Aktivitäten mit historischem Bezug anderer Veranstalter. Beispielsweise wird der jährlich stattfindende „Tag des offenen Denkmals“ vom Museum begleitet und häufig inhaltlich vorbereitet.

Gekürzte Fassung des Textes der Broschüre "100 Jahre Stadtmuseum"

Autorin Anne-Sophie Berner